»Noch einmal im Ferrari nach München fahren« – Wiesbadener Tagblatt, 03.11.2006

Wiesbadener Tagblatt, 03.11.2006
Noch einmal im Ferrari nach München fahren – Palliativwoche: Das Theater „Subito“ zum Tod

aja. Dem Tod mit Humor begegnen? Durchaus möglich – „und in unserem Alltag gegenwärtiger als manch einer glauben mag“, bestätigt Dr. Oliver Maier, Ärztlicher Leiter der Palliativstation der Horst-Schmidt-Kliniken. Man lache auch mit den sterbenden Patienten, und viel zu häufig werde der Themenkomplex fälschlicherweise mit einer Art Humor-Tabu belegt. Es könne auch viele Situationen erleichtern, wenn man Humor zulasse.

„Subito“ zum Thema Tod – spontan gingen die Schauspieler auf Zurufe der Zuschauer ein.
Foto: wita/Uwe Stotz
In der dritten Palliativ- und Hospizwoche, die das Palliativnetz Wiesbaden veranstaltet, gab es jetzt eine besondere Veranstaltung: Einen Impro-Abend im Pariser Hoftheater.
„Wir haben in den Palliativwochen immer ein kulturelles Programm dabei“, sagt Dr. Maier, auch Filme zum Thema zeige man regelmäßig (so auch wieder am Freitag, 3. November im Caligari: „Das Leben ohne mich“).
Mit der Wiesbadener Impro-Gruppe „Subito“, knüpfte man im Vorfeld Kontakte, um auszuloten, ob die Schauspieler sich auch einen Abend zum Thema Sterben und Tod vorstellen könnten. Sie konnten. Da blieb das Lachen keineswegs im Halse stecken, wie man vielleicht hätte vermuten können. Der Tod ist ja auch in Kunst und Literatur oft ein Sujet, und dessen bedienten sich die „Subito“-Akteure zum Beispiel bei ihrem Shakespeare-Sketch. „Bei Shakespeare gibt es immer Tote“, meinte Peter Fischer, und ließ das Publikum spontan zwei Zitate finden, die die drei Schauspieler dann zu einem gewohnt köstlichen Sketch mixten. Das Besondere am Impro-Theater ist die Spontaneität, die von Zurufen aus dem Auditorium gespeist wird.Er habe schon etwas „Magenschmerzen“ gehabt, als ihm die Idee angetragen wurde, gab Schauspieler Bernhard Mohr zu Beginn zu. Doch die Bedenken wurden erfolgreich ausgeräumt. Subito zeige schließlich „Leben in allen Facetten“ und dazu gehöre nun auch einmal der Tod, meinte er. Humor ist in anderen Kulturen durchaus Bestandteil der Beschäftigung mit dem Thema – man denke beispielsweise an die fröhliche Musik, die in New Orleans auf dem Heimweg von einer Beerdigung gespielt wird. Da könne diese Art der Darstellung durchaus zur Enttabuisierung beitragen, meinten auch EVIM-Mitarbeiterin Michaela Hach und Psychologe Jan Gramm, Mitorganisatoren der Veranstaltungsreihe.Sie und ihre Kolleginnen und Kollegen amüsierten sich bei „Sieben Toten in sieben Minuten“, bei der Erfüllung eines letzten Wunsches, der da lautete: Einmal noch mit dem Ferrari nach München fahren, beim Schornsteinfeger, der den „Feinstaub als den Schwarzen Tod der Neuzeit“ im Kamin fand oder bei den drei unfreiwillig bei einer Labor-Explosion umgekommenen Menschen, die sich auf der Wartebank vor dem Himmelstor gemeinsam wiederfinden. Absurdes wie dies lässt sich kaum beschreiben, man muss dabei gewesen sein – genauso spontan, wie sich viele Situationen im beruflichen Alltag der Sterbebegleiter entwickeln.
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