Main Spitze, 22.07.2006 | |
Anneliese, 80, und im Pflegeheim zu HauseWiesbadener Improvisationstheater „Subito“ überzeugt in der Rüsselsheimer Festung
Vom 22.07.2006 / von André Domes RÜSSELSHEIM „5, 4, 3, 2, 1, Los“ – viel mehr Zeit als diesen Countdown haben Schauspieler beim Improvisationstheater gemeinhin nicht, um sich in ihre Rollen einzufinden. Auch das Wiesbadener Ensemble „Subito“ macht da keine Ausnahme.
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Improvisationsheater „Subito“ mit (von rechts) Jürgen List, Helga Liewald und Michael Bibo. Foto: pdz51 / Pierre Dietz |
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Das war auch nicht nötig, gingen die vier Schnelldenker am Donnerstag im kleinen Festungshof doch souverän mit der fortwährend drohenden Gefahr der Inspirationslosigkeit um. Dabei verblieb „Subito“ nicht allein im schauspielerischen Metier, sondern beglückte die rund 60 Zuschauer auch mit so manchem Ad-hoc-Chanson.Blickt man in die Landschaft deutscher Improvisationstheater, dann macht sich fast ein wenig Einseitigkeit breit. Kaum ein Ensemble, das sich nicht auf die komödiantische Seite des Genres beschränkt und dem Publikum die geforderten skurrilen Geschichten auftischt. Dass selbst Theatersport-Pionier Keith Johnstone ursprünglich nicht an eine ausschließlich ulkige Ausformung des Genres gedacht hat, wird dabei oft vergessen – oder um des Publikums Willen ausgeblendet.
Zumindest im Kleinen hat sich „Subito“ den Anspruch der Vollwertigkeit erhalten. Zwar bedienten auch die Wiesbadener Improvisateure in erster Linie das legitime Verlangen nach Unterhaltung, die ein oder andere ernste Nummer fand sich aber auch im Programm. So gab es etwa eine alternative Handlung zu Shakespeares „Wie es euch gefällt“ samt passendem Sprach-Duktus und schmachtender Liebesmüh. Der Großteil der in klassischer Methodik vorgebrachten Szenen lieferte freilich die gewohnt ungewöhnlichen Erkenntnisse, die wohl jedem Improvisationstheater-Abend innewohnen. So erfuhren die stets einbezogenen Zuschauer die Wahrheit über den Allmächtigen: Gott ist eine Frau, heißt „Anneliese“, ist 80 Jahre alt und wohnt in einem Pflegeheim. Besonderes Highlight war die Erstaufführung einer vergessenen Wagner-Oper zum Thema „Hitzschlag“, bei der vor allem Helga Liewald mit ausgebildeter Gesangsstimme glänzte. Ihre Gegenspieler Jürgen List und Sabine Strobach konnten zwar stimmlich nicht mit der Sängerin mithalten, brachten dafür aber andere Qualitäten in das stimmig zusammengesetzte Ensemble ein. List gab meist den wortgewandten Erzähler mit Hang zum Philosophieren, während sich Strobach mit Körperkomik schnell in die Herzen der Zuschauer spielte. Komplettiert wurde das Improvisationsteam durch Pianist Michael Bibo, dem es trotz überfordertem Lautsprecher gelang, die Szenen schnell mit der passenden musikalischen Untermalung zu unterlegen. |